Monatsspruch Mai
Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich.
1. Korinther 6,12
Gibt es einen Abschnitt in der Bibel, der uns besser den Grundgedanken der Eigenverantwortung aus der Reformation vor Augen führt?
Es geht in den diesen Monatsspruch umgebenden Zeilen um „Rechtssachen“, so ist das Kapitel überschrieben. Aber ich finde den Inhalt dieser beiden Sätze so stark, dass es keinen Kontext benötigt!
Beginnen wir mit den 95 Thesen Luthers: viele seiner Thesen behandeln die Unsäglichkeit des Ablasshandels. Im Speziellen entsetzt es Luther, dass sich jemand mit Geld von seinen Taten freikaufen konnte, auch und insbesondere, wenn er diese gar nicht bereute.
Die Ablassprediger jener Zeit haben viel in die Richtung gearbeitet, dass die Kirche die Vorgaben macht, man diese Vorgaben aber durchaus verletzen konnte, wenn man mit genügend Geld einen entsprechenden Ablass kaufte.
Nun ist das aber in meinen Augen der Kernpunkt! Sich von dieser Art Vorgabe des Richtigen und des Falschen loszusagen – es ist damals etwas Ungeheuerliches gewesen, diesen Gedanken auszusprechen, ja gar aufzuschreiben – hat Konsequenzen. Nicht nur die, dass Luther für vogelfrei erklärt wurde. Sondern auch die, dass nun die Notwendigkeit, zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden, auf jedem Einzelnen lastet!
Denn die Freiheit, alles tun zu können, heißt noch lange nicht, dass es richtig ist, alles zu tun.
Ein Beispiel: als Kind passen die Eltern auf, dass man nicht zu viel Schokolade isst. Als Erwachsener kann ich nun endlich so viel Schokolade essen, wie ich kaufen kann. Aber dient es zum Guten? Bauchschmerzen oder ernsthaftere Gesundheitsprobleme werden mir die Antwort geben, die ich doch schon längst weiß!
Oder schlimmer: unfaires oder gar illegales Verhalten von mir werden mich in Situationen bringen, die mir mein weiteres Handeln diktieren. Ich kann dann nicht mehr frei handeln. Das ist, was ich unter dem Rat „nichts soll Macht haben über mich“ verstehe. Heute würde man vielleicht sagen: „Mache nichts, das Dich erpressbar macht.“ Aber warum die alten Worte mit dem heutigen „True-Crime“ Vokabular ersetzen?
Es geht doch schlicht darum, dass man so handelt, wie man es vor seinem eigenen Gewissen verantworten kann. Dann kann man es auch vor Gott!
Ihr Kirchengemeinderat Lars Eifler