Monatsspruch Juli/August

Jesus Christus spricht: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet.

Matthäus 5, 44–45

Ein schwieriger Text, geradezu eine Provokation, eine Zumutung, die wieder einmal zeigt, wie radikal die Lehre Jesu mein / unser Weltbild auf den Kopf stellt. Ich kann mich diesem Text nur mit einigen Gedankensplittern und Fragen nähern. Eine Antwort, wie sich so eine Feindesliebe in einem Menschen einstellen kann, habe ich nicht wirklich.

Die erste Frage, die mir beim Lesen dieses Textes in den Kopf schoss, war: Wer ist mein Feind? Habe ich Feinde? Ich kenne Menschen, die ich nicht mag, die mir unsympathisch sind, die mir nicht gut tun, vielleicht sogar Menschen, die mir nichts Gutes wollen. Aber sind sie des- halb meine Feinde? Ich tue mich schwer mit dieser Einordnung. Dennoch: Spätestens seit dem Ukrainekrieg gehört dieser Begriff wieder zur Tagesordnung.

Dann fällt mir die Stelle aus dem Vater Unser ein: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“. Wir lesen und hören in den Medien gelegentlich von Opfern, die dem Täter, der ihnen schreckliches Leid angetan hat, verzeihen, vergeben.

Aber den Täter lieben? Das scheint mir ungleich mehr.

Jesus und Dietrich Bonhoeffer fallen mir ein. Jesus betete für die Täter, die ihn verurteilten und folterten. „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun" (Lukas 23,34). Auch von Dietrich Bonhoeffer wird berichtet, dass er in seiner Gefängniszelle für seine Mitgefangenen und die Wärter betete.

Gill Hicks, Opfer des Terroranschlags auf die Londoner U- Bahn, bei dem 28 Menschen getötet wurden und ihr beide Beine abgerissen wurden, erzählt vom Ende des Teufelskreises von Gewalt, Hass und Rachegelüsten. „Der Kreis muss gestoppt werden. Ich kann nicht die Person hassen, die mir das angetan hat. Der Kreis muss mit mir enden“ Dies ist eine ganz persönliche Erfahrung einer heilsamen Befreiung und davon, wie es Menschen gelingt, aus Bösem etwas Gutes wachsen zu lassen.

Beeindruckend, wem dies gelingt. Sie sind Kinder ihres Vaters im Himmel.

 

Angelika Trumpf, Kirchengemeinderätin

 

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