Gemeinschaftsgrabstätte der Kirchengemeinde
auf dem Friedhof Ohlsdorf

 

Die Kirchengemeinde hat eine Grabstelle, auf der ihre Mitglieder zur letzten Ruhe gebettet werden können. Damit setzen wir ein Zeichen gegen die Zunahme anonymer Beisetzungen. Und diese Art des Gemeinschaftsgrabes ist finanziell eine kostengünstige Möglichkeit einer würdigen Ruhestätte, für deren Pflege die Gemeinschaft Sorge trägt.

 

Wie es dazu kam und nähere Einzelheiten lesen sie hier:

 

November 2008. Noch ist ein wenig Platz im Gemeindebrief.
Also schrieb ich den folgenden Beitrag:

 

„Wissen Sie, Herr Pastor“, sagt der Sohn, „unsere Mutter wollte niemandem zur Last fallen, deshalb hat sie sich eine anonyme Beisetzung gewünscht.“ Ich habe keinen Grund, an dem Satz des Sohnes zu zweifeln.

Aber wenn manchmal nach solchen oder ähnlichen Sätzen bei mir doch ein Unbehagen bleibt, dann deshalb, weil ich noch nicht weiß, was die größere Last wäre: Das Grab der Mutter in Pflege zu geben bzw. von Zeit zu Zeit selber nach dem rechten zu sehen, oder die Alternative – nämlich keinen Ort zu haben, wo die Erinnerung an sie möglich bleibt, wenn sie zu verblassen drohen und keinen Stein zu haben, auf dem der Name verzeichnet ist.
Auch wenn ich dem Jesus einen seiner schönsten Sätze glaube, dass nämlich unsere Namen im Himmel aufgeschrieben sind, also in der Nähe Gottes aufbewahrt bleiben, und es von daher vielleicht keinen Grabstein braucht...

 

Ich erlebe es aber manchmal als belastend für Hinterbleibende, wenn sie mit der Zeit merken, dass ihnen doch ein konkreter Anlaufpunkt fehlt. Und wieder Andere haben keine Angehörigen, die einmal für ein Grab werden sorgen können.

 

Also träume ich manchmal davon, dass diese Gemeinde und ihre Mitglieder nicht nur im Leben verbunden sind, sondern es auch darüber hinaus bleiben.
Manchmal träume ich davon, dass wir eine schöne Grabstätte mit einem großen Kreuz (dem Pluszeichen Gottes) erwerben, wo sich alle die begraben lassen können, die sonst nicht wissen, wo sie einmal zur letzten Ruhe gebettet werden.
Dann müsste niemand mehr Angst haben, Anderen zur Last zu fallen und trotzdem müsste niemand anonym beigesetzt werden, wenn er oder sie es vielleicht doch gar nicht wirklich will. Es gibt Modelle solcher Gemeinschaftsgrabstätten, von denen wir lernen könnten.
Aber vielleicht bin ich mit meinem Traum ja auch allein? Falls nicht, sollten wir darüber sprechen.“

 

Wenig später an der Kirchentür, nach dem Gottesdienst, spricht mich ein Ehepaar an. „Wir möchten gern mit Ihnen über Ihren Traum sprechen“.
Was folgt, waren Treffen zu Dritt, Besuche bei anderen Trägern von Gemeinschaftsgrabstätten, Besuche auf dem Friedhof, Sitzungen, Entwürfe, Planungsrunden.

 

Schließlich, nach weiteren Artikeln im Gemeindebrief, hatten sich etwa 30 Interessierte gefunden. Manchmal war es nicht leicht, aber wir sind beieinander geblieben, fast alle Interessierten vom Anfang. Manche stossen erst jetzt dazu, brauchten Zeit. Das Thema ist eben ein Novemberthema.
Dann, eines Tages im Jahr 2010, zeigte der Friedhof uns verschiedene Flächen.
Die Entscheidung dann war sehr einfach: Eine großzügige Fläche, eine Patenschaft für einen alten Findling-Grabstein, die Stelle gut erreichbar auf dem großen Friedhof in Hamburg-Ohlsdorf.
Der Stein wurde restauriert, ein großes Kreuz, dem in unserer Kirche gleich, angebracht.
Und Granitplatten vor dem großen Grabstein ausgelegt, bereit, die Namen der Verstorbenen aufzunehmen.

 

Inzwischen steht auch eine Bank, weist ein Schild schon von der Strasse auf unsere Gemeinschaftsgrabstätte hin. Und es sind inzwischen fast 50 Interessierte.
Auch, weil diese Möglichkeit weniger kostet, als die meisten anderen Formen, denn die Gemeinschaft kann die Fläche anders nutzen, als ein Ehepaar oder eine Familie.

 

Einige Mitglieder der ersten Stunde haben wir schon beigesetzt.
Und zu Ostern eine Andacht gefeiert, denn Jesus lebt und wir sollen auch leben.
Darum haben wir anschließend auch Kaffee und Kuchen geteilt. Hiersein ist herrlich - und es ist gut zu wissen, was einmal wird. Nicht nur im November.

 

Pastor Tobias Götting

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